Beerenzeit
Besser bekannt sind diese Waldfrüchte wohl unter den Namen Heidelbeeren und Blaubeeren. Für uns waren das Schwarzbeern. Wenn die Mutter zu uns Kindern sagte, „kommt, macht eich fertig, mir genga in die Schwarzbeern“, löste das, soweit ich mich erinnere, keine große Begeisterung aus. Aber wir gehorchten halt. War damals selbstverständlich. Im Wald fanden wir aber zunächst andere Dorfbewohner, die das Gleiche schon hinter sich hatten, was wir vor uns hatten. Hatten volle Gefäße. Es sprach sich herum, wo’s welche gibt. Da wurde der Spiegelwald, der Spitzberg, auch das Vochela genannt. Schwarzbeern findet man im Hochwald, zwischen hohen Bäumen.
Sammeleifer
Das war in den letzten Jahren des Krieges. Sommer 1944 denke ich. Da war ich 10, meine Geschwister 8 und 12. Mutter nahm ihre Aluminiumkanne – die musste voll sein, ehe an den Heimweg gedacht werden konnte! Wir sammelten Beeren in kleine Töpfchen oder Eimerchen. Waren diese voll, kippten wir sie in die Kanne. Guckten interessiert wie die sich füllt. Und wir wetteiferten auch schon mal, wer sein Gefäß am schnellsten wieder voll hatte. Einmal fiel mir aber dabei mei Tipfla aus der Hand. Einsammeln? Geht nicht auf einem Waldboden. Musste nochmals von vorn anfangen.
Ja nicht naschen …
Hat das Einsammeln der Schwarzbeern nicht doch auch Spaß gemacht? So richtig wohl nicht. Der Wald ist hügelig, die Blaubeersträucher und herumliegendes Reisig zerkratzen die nackten Beine. Und auch das noch: Mutter hatte uns verboten, beim Pflücken Beeren zu essen! „Deji Schwarzbeern wern eigekocht, deji gibt’s erscht im Winter!“
…und sich nicht dabei erwischen lassen!
Natürlich war der Versuchung nicht zu widerstehen, auch mal ein paar dieser blauschwarzen Früchte in den Mund zu stecken. Vor allem die größeren, saftigen Beeren schmeckten. Doch Mutter sah die Übertretung ihres Gebotes sofort: Schwarzbeeren haben die Eigenschaft, Zähne und Lippen dunkel zu färben. Daher wohl auch der Name. Naja, sie hat halt eweng gschimpft. Richtig ernst war das wohl nicht gemeint.
Nichts geht über selbst gepflückt
Heutzutage kann man diese Waldfrucht beim Discounter kaufen. Ich fürchte, diese kommen nicht aus einem Hochwald. Man erntet sie jetzt bequem wohl von Sträuchern im Glashaus. Ich hab sie mal probiert. Die Schwarzbeeren aus dem Frankenwald… ach, lassen wir’s.